"Wohl kaum einer möchte mit ihm tauschen. Doch die Arbeit die Dirk P. alltäglich verrichtet, verdient allen Respekt. Der Barsbüttler reinigt Tatorte. Wie ein Feingeist sieht dieser Kerl nicht aus. Er hat die Statur eines Ringers, strotzt vor Energie. Er erzählt schnell, fast hektisch. Mit Gesten verleiht der 42-Jährige seinen Worten Nachdruck: "Blut vom Boden aufzuwischen oder Hirnmasse von der Wand zu kratzen, ist gar nicht so schlimm", sagt Dirk P. "Aber der Gestank, wenn du in so eine Wohnung kommst, ist bestialisch!"
Der Barsbüttler geht dahin, wo sich sonst keiner hintraut. Er reinigt Tatorte.
P. steht immer auf Abruf. Sein Handy schaltet er nie aus, auch nicht nachts. Wenn es klingelt, muss es meistens schnell gehen. In einem Fall wurde er um 22 Uhr angerufen, um 23.15 Uhr war er am Tatort. "Das war richtig ekelhaft", erinnert sich P. Sechs Monate habe eine Leiche in der Wohnung gelegen.
400 bis x Euro kostet eine Tatortreinigung. Meistens sind es Leichenwohnungen, die P. säubert. Bei seinem schlimmsten Fall hatte er acht Helfer, die eine Woche lang täglich 10 Stunden arbeiteten. Eine Leiche sieht der Tatortreiniger nie. Auch sonst versucht er alles Private der Verstorbenen auszublenden.
Wenn Fotos in der Wohnung stehen, dreht P. sie um. "Ich will nicht, dass mich die Toten im Traum heimsuchen", sagt er. Der 42-Jährige ist Buddhist. Seine Religion lehrt ihm, Respekt vor dem Tod zu haben. "Angst habe ich keine. Aber ich glaube, dass die Seele der Toten weiterlebt. Vielleicht auch in der Wohnung, in der ich gerade die Überreste wegschaffe. Da will ich es mir nicht mit ihr verscherzen."
In seiner Tätigkeit sieht P. nicht nur ein Geschäft mit dem Tod. Er wische Kummer, Leid und Trauer der Hinterbliebenen weg, sagt er. "Ich kann den Job nur machen, weil mich mit den Verstorbenen nichts verbindet." Die Überreste seiner Eltern könnte der 42-Jährige nicht aufwischen, gesteht er. Als er das ausspricht, senkt sich sein Blick.
Immer die Haltung zu bewahren, ist als Tatortreiniger auch nicht einfach. "Ich arbeite nah an der Kotzgrenze", sagt P. Erfährt er früh von einem Auftrag, isst er vorher nichts. In der Pause trinkt er höchstens einen Kaffee. "Was anderes kriege ich gar nicht runter."
Für P. spielt Hygiene eine große Rolle. Kommt er von einem Auftrag nach Hause, stellt er sich zuerst 45 Minuten unter die Dusche, wäscht sogar die Nasenhaare mit Seife. "Der Geruch von Exkrementen klebt an dir. Du hast das Gefühl, du wirst ihn nie wieder los!" Der 42-Jährige hat einen richtigen Waschzwang entwickelt. Bis zu 20 Mal am Tag desinfiziert er sich die Hände.
Für den Tatortreiniger ist das das geringste Übel. Entscheidend ist, dass die Toten ihn ruhig schlafen lassen."
Link zur MoPo: Der Tatort-Reiniger